Mein kintsugi?

 


  In den Wäldern drüben,
tief unter der Last des Schnees,
ist letzte Nacht
ein Pflaumenzweig erblüht.

 


In gewisser Weise war auch ich zerbrochen.
Ein Tumor hat mir meine Nase genommen.
In vielen Operationen wurde eine Neue rekonstruiert.
Vielleicht würde es mir gut gefallen, mit goldenen Linien im Gesicht.

Doch hätte mein Chirurg  das sicherlich nicht mitgemacht.

War er doch äußerst bemüht sämtliche Narben so unauffällig

wie möglich zu gestalten.

Unsere Schönheitsideale basieren nun mal auf Geometrie

und Symmetrie. Perfekt sollte seine Arbeit sein.

Doch nichts ist perfekt.

 

Unter dem Einfluss des Zen-Buddhismus

entwickelte sich im 16.Jahrhundert

eine neue Vorstellung von Ästhetik, genannt Wabi Sabi.

Diese japanische Philosophie begrüßt ausdrücklich

das Beschädigte, Vergängliche und Mangelhafte.

 

In diesem Sinne macht Kintsugi die Beschädigungen

nicht unsichtbar,

sondern hebt sie gekonnt hervor –

so bekommt der wiederhergestellte

Gegenstand ein edles Gesicht und erzählt

seine Geschichte .

 

...und ich finde mein Spiegelbild

in jeder meiner Arbeiten und sehe,

nicht ohne Stolz,

meine Geschichte.

LJ